Bienenstich

Mythen und Märchen

Die meisten Geschichten und Ammenmärchen hören und erzählen Imker von Bienenstichen. Viele Menschen haben eine geradezu panische Angst, von einer Biene gestochen zu werden. Natürlich darf man die Ängste seiner Mitmenschen niemals bagatellisieren, aber so manches Mal mutet es schon komisch an, wenn ein 100-kg-Mann mit 1,85 m Größe mit den Armen wedelnd und schreiend vor einem Insekt davonläuft, das in etwa 0,1 Gramm auf die Feinwaage bringt. 

Im Zusammenhang mit Bienenstichen gibt es unzählige Missverständnisse und vor allem auch sehr viel Unwissen. So fragte mich ein Freund einmal, wie ich denn so verrückt sein könne, die Bienen in meinen Garten zu stellen. Man könne doch keine einzige gemütliche Mahlzeit mehr im Garten einnehmen, wenn die Biester erst den Schinken, die Marmelade und die Frikadellen gefunden hätten. Bienen ernähren sich von Blütenpollen. Sie interessieren sich weder für Bier noch für Fleisch oder ähnliches. Die gelb-schwarzen Insekten, die uns bei den Mahlzeiten besuchen, sind praktisch ausnahmslos Wespen. Im Gegensatz zu den Bienen haben sie im Nacken meist keinen Pelz. Für den Imker sind die gemeinhin auftretenden Wespen nützlich, da sie tote Bienen vor den Beuten absammeln und fressen. 

Und dann gibt es da noch die Geschichten über riesige Schwellungen, wahnsinnige Schmerzen und aggressive Killerbienen, die ihr Opfer durch die halbe Galaxis verfolgen. Ich bin die letzte, die behaupten würde, dass Bienenstiche angenehm sind – und ich kann das beurteilen. Im Laufe der letzten Jahre wurde ich insgesamt etwa 20 Mal gestochen. Häufig war es meine eigene Schuld. 

Wichtigste Fakten

  1. Bienen stechen niemals ohne Grund, sondern nur, wenn sie bedroht oder gar verletzt werden. Sie haben bei einem Stich sehr viel mehr zu verlieren als der Mensch, nämlich ihr Leben.
  2. Ausschließlich weibliche Bienen können stechen. Die Drohnen, die größer sind und deren Fluggeräusche man auch im Sommer öfter hört, haben keinen Stachel.
  3. Wie schon unter dem Punkt Sehen erläutert, können Bienen schnelle Bewegungen viel besser wahrnehmen als der Mensch. Fuchteln und schlagen nach Bienen ist daher vor allem kontraproduktiv.
  4. Es gibt Duftstoffe, auf die Bienen sehr empfänglich reagieren. Ich werde nie den Tag vergessen, an dem ich – wie immer ohne Hut – mit meinen mit Pfirsich-Shampoo gewaschenen Haaren an die Stöcke ging. Meine Mädels waren ob des Geruchs so begeistert, dass sie direkt in meine Haar flogen. Dort verfingen sich ein halbes Dutzend und stachen, nachdem ich sie nicht befreien konnte irgendwann auch zu. Mein ganzes Gesicht schwoll minimal an … Mein Mann war begeistert, er hatte für einen Tag eine völlig faltenfreie Frau. Botox ade.
  5. Sticht eine Biene zu, sendet sie gleichzeitig für alle anderen Bienen einen Botenstoff aus, der diesen sagt: Achtung, ein Angreifer. Daher folgt einem Stich auch häufiger ein zweiter.
  6. Viele Völker reagieren relativ verständnislos, wenn Menschen vor ihrem Flugloch herumtänzeln. Sie fühlen sich bei ihrer Arbeit gestört. 
  7. Allein in Deutschland, so schätzt man, reagieren mehrere Millionen Menschen auf Bienengift sensibel. Dies bedeutet nicht, dass sie alle Allergiker sind, aber sie zeigen allergische Reaktionen. 

Bienenstich vermeiden

  1. Halten Sie respektvollen Abstand zu Bienenvölkern. Drei bis fünf Meter genügen in der Regel völlig.
  2. Tragen sie einen Sonnenhut, wenn viele Bienen um Sie herum sind – oder lassen Sie sich alternativ eine Glatze schneiden. 
  3. Manchmal setzen sich Bienen auf Menschen, um sich aufzuwärmen. Lassen sie sie. Sie fliegen wieder davon.
  4. Bewegen Sie sich immer langsam und ruhig. Schnelle Bewegungen machen Sie erst zu einem Ziel.
  5. Wenn in Ihrem Garten gerade eine Bienenweide blüht (egal ob Apfelbäume, Lavendel oder anderes) verschieben Sie das Unkraut jäten an dieser Ecke auf die nächste Woche – dann haben sich die Bienen eine neue Pflanze gesucht.
  6. Denken Sie immer daran, dass Duftstoffe Bienen magnetisch anziehen können. Wenn Sie diese Erfahrung mit einem After-Shave, einem Shampoo oder einer Seife machen – nutzen Sie diese möglichst nicht, wenn sie einen Sparziergang machen wollen.
  7. Laufen Sie nicht mit nackten Füßen durch blühende Wiesen. 

Ein Stich, muss ich sterben?

Klären Sie zuerst, ob Sie tatsächlich von einer Biene gestochen wurden. Falls dies der Fall ist, müssten Stachel und Giftblase noch stecken. Entfernen Sie Stachel und Giftblase so schnell wie möglich. Auch wenn die Biene schon tot ist, durch den Stachel wird noch etwa 20 Sekunden nach dem Stich Gift aus der Giftblase in den Körper des Opfers gepumpt. Je eher Sie den Stachel ziehen, desto weniger Gift bekommen sie ab. Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf den Stich einer Biene. Im folgenden habe ich die möglichen Reaktionen aufgeführt: 

Normale Reaktion 

Schmerzhafte, manchmal juckende Schwellungen bis zu einer Höhe von 2 und einem Durchmesser von 10 Zentimetern. 

Allergische Lokalreaktionen 

Schwellungen von mehr als 10 Zentimetern, die ebenfalls schmerzhaft und juckend sein können und mehr als 24 Stunden dauern. 

Allgemeine, systemische allergische Reaktionen

Diese Reaktionen beschränken sich nicht nur auf die Einstichstelle. Solche Reaktionen setzen in der Regel etwa 10 Minuten nach dem Stich ein. Sie entstehen, weil der Körper einen Botenstoff, dass so genannte Histamin freisetzt. Es zeigen sich alle Symptome einer Entzündung. Systemische allergische Reaktionen werden in verschiedene Schweregrade (nach Müller, 1966) unterteilt. 

Stadium I

starker Juckreiz, Quaddeln auf der Haut, Nesselsucht, Unruhe und Unwohlsein

Stadium II

Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindelgefühl, Bauchschmerzen, Engegefühl im Brustkorb und Gefäßschwellungen 

Stadium III

Luftnot, Schluckbeschwerden, keuchende Atmung, Heiserkeit, Verwirrtheit

Stadium IV (anaphylaktischer Schock)

Blutdruckabfall, Zusammenbruch, Verlust des Bewusstseins, Herz- und Kreislaufstillstand 

Menschen, die eine Bienengiftallergie haben, können also tatsächlich an einem Bienenstich sterben. Man schätzt das bundesweit jährlich etwa 20 Menschen am Stich durch eine Biene oder eine Wespe versterben. Sollten Sie von einer Biene oder einer Wespe gestochen werden und eine allgemeine systemische allergische Reaktion zeigen, lassen Sie ärztlich abklären, ob Sie Allergiker sind. 

Allergiker bekommen ein Notfallmedikament, das sie stets mit sich führen können, um es im Falle eines Stiches einzusetzen.