Besuch der 1. Bienenschutzkonferenz in Wien

Anfang April fand die erste Bienenschutzkonferenz in den Tagungsräumen des Schlosses Schönbrunn in Wien statt. Ausrichterin der zweitägigen Veranstaltung war Global 2000, Österreichs führende, unabhängige Umweltschutzorganisation.

Die Veranstaltung war mit internationalen Referenten hochkarätig besetzt. Die Themenvielfalt bot Einblicke, die alle Imker angehen. Gegliedert war die Konferenz in vier Themenblöcke, die sich unterschiedlichen Schwerpunkten widmeten:

  • Teil-Verbot von Neonicotinoiden in der EU-Landwirtschaft: ausreichend zum Schutz der Bienen?
  • Multifaktorelle Belastungen für (Wild-)Bienenpopulationen und deren Folgen
  • Konzepte für den Bienenschutz
  • Bienenfreundliche Lebensräume schaffen, erhalten und fördern.

Berufsimker Christoph Koch startete als erster Vortragender mit einem Praxisbericht über die Gefährlichkeit von Neonicotinoiden. Er selbst war Leidtragender der größten je dokumentierten Bienenvergiftung aus legaler Anwendung im Jahr 2008 in der deutschen Rheinebene.

Anwesend waren auch Vertreter der chemischen Industrie; Fred Klockgether versuchte als Referent der Bayer CropScience einzig die Varroa-Milbe in den Mittelpunkt der Diskussion zu rücken. Er überzog jedoch so stark, dass er seitens der Veranstalter noch vor der Pause eines recht dreisten Taschenspielertricks überführt wurde.

Dr. Anton Safer nahm sich des Deutschen Bienenmonitorings an, deren Studienergebnisse in der deutschen Presse unter dem Anspruch verbreitet wurden, die Ursachen des Bienensterbens aufgeklärt zu haben. Der Industrieverband Agrar nutzte dies fast umgehend zur Darstellung der Harmlosigkeit aller Agrarchemikalien „bei bestimmungsgemässem Gebrauch“. Dr. Safer konnte im Detail nachvollziehbar aufzeigen, dass der Studie eine wissenschaftlich unzureichende Methodik zu Grunde liegt.

Dr. Henk Tennekes ist ein unabhängiger niederländischer Toxikologe; er warnte insbesondere vor den Neonicotinoid-Insektiziden, speziell Imidacloprid, das seit 2004 wesentlich zur Verunreinigung niederländischen Oberflächenwassers beiträgt. Selbst kleinste Mengen haben verheerende Auswirkungen auf lange Sicht, denn sie gelangen in das Grundwasser und verbleiben im Boden. Alle Organismen sind diesen Wirkstoffen auf lange Sicht ausgesetzt. Die Insektizide schaffen eine toxische Landschaft, in der auch zahllose Nützlinge abgetötet werden. Multifaktorell betrachtet nimmt die Gefährlichkeit der Neonicotinoide deutlich zu.

Walter Haefeker beleuchtete als Präsident des Europäischen Berufs- und Erwerbsimkerverbandes die europäische Agrarpolitik aus der Bienenperspektive und sieht – bei Fortsetzung der bisherigen Agrarpolitik – US-amerikanische Verhältnisse auf die europäische Landwirtschaft zukommen, in der Bestäubung nur noch dort stattfinden wird, wo Imker dafür entlohnt werden.

Nur wenn Allgemeingüter wie Biodiversität, Trinkwasser- und Lebensqualität Vorrang vor den Einzelinteressen der Agrarindustrie erhalten, können die Imker zuversichtlich in die Zukunft blicken: Denn, was für die Biene gut ist, ist auch für den Menschen gut. Eine Erkenntnis, denen die meisten Vorschläge des Weltargarberichts zugrunde liegen, dem viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Dr. Randolf Menzel vom Institut für Biologie der Freien Universität Berlin – bekannt aus dem Film „More than Honey“ von Markus Imhoof – zeigte auf, wie stark die Navigation, die Tanz-Kommunikation und das Lernverhalten von Bienen durch Neonicotinoide beeinträchtigt wird. Die Dosen sind so gering, dass die Bienen keiner akuten Vergiftung erliegen, aber gleichwohl für das Bien ausfallen.

Dr. Jürgen Tautz brachte etwas Licht ins Dunkel des Bienenstocks und offenbarte einige neue Geheimnisse aus dem Bienenvolk, während Ernst Schwald ein sehr positives Resümee der ersten Projektjahre „Netzwerk blühendes Vorarlberg“ ziehen konnte, das darauf abzielt, die Vorarlberger Kulturlandschaft in Stadt und Land bienen- und insektenfreundlich zu gestalten, zu bewirtschaften und zu pflegen.

Hans Ramseier von der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL stellte den eidgenössischen Menüplan gegen das Bienensterben vor – eine eigens abgemischte Bienenweide.

Weitere Vorträge rundeten das vielfältige Spektrum ab, bevor die Teilnehmer zur Mitte des zweiten Tages mit einem Manifest zur Neuausrichtung der Landwirtschaft mit den Experten auf Bienenforschung, Imkerei, Pflanzenschutz, Wildbienen, Agrarpolitik und Landwirtschaft an Einzeltischen diskutieren konnten.

Es wäre wünschenswert, wenn die Konferenz künftig in regelmässigen Abständen durchgeführt und noch mehr Zulauf – vor allem verstärkt von Imkern aus der Schweiz und Deutschland - erhalten würde. Es bieten sich nur selten so kompakte und eindrückliche Möglichkeiten des Wissenstransfers.